06.07.2015, 19:11 Uhr

Kapo Zürich soll Staatstrojaner gekauft haben

Eine Firma, die Staatstrojaner verkauft, wurde selbst gehackt. Die gestohlenen Dokumente haben die Angreifer im Internet veröffentlicht. Brisant: Demnach zählt auch die Kantonspolizei Zürich zu den Käufern der Schnüffelsoftware.
Hat der Kanton Zürich Staatstrojaner eingekauft? Dies lassen Dokumente vermuten, die heute im Web verffentlicht wurden. Das italienische Softwareunternehmen «HackingTeam» wurde demnach Opfer eines Hacker-Angriffs, in dessen Rahmen offenbar rund 450 GB Daten geklaut wurden. Die Angreifer haben ihre Funde nun ins Netz gestellt, dazu gehören E-Mail-Adressen, Passwörter im Klartext und Programm-Codes. «HackingTeam» stellt Software mit klingenden Namen wie «Da Vinci» oder «Galileo» her, die laut Angaben des Herstellers «Ziele hacken, Verschlüsselung aushebeln oder Daten abfangen» können. Vereinfacht gesagt: «HackingTeam» stellt Spionage-Software her. Die Bürgerrechtsorganisation Reporter ohne Grenzen zählt «HackingTeam» zu den Feinden des freien Internets, da die Italiener ihre Software nicht nur an demokratisch legitimierte Regierungen verkauft haben, sondern auch Länder wie Saudi-Arabien, die Mongolei oder Kasachstan zu ihren Kunden zählen sollen. Und auch die Kantonspolizei Zürich soll bei den Italienern eingekauft haben.

Kapo Zürich ein Abnehmer?

###BILD_51819_fullwidth### In den Unmengen der Dokumente findet sich auch obien abgebildete Rechnung über 486'500 Euro ? adressiert an die Kantonspolizei Zürich, wie SRF herausgefunden hat. Die unten abgebildeten Buchhaltungsdokumente legen nahe, dass die Kapo den Betrag Anfang des Jahres überwiesen hat. ###BILD_51820_fullwidth### Die Kantonspolizei sagt auf Anfrage des Schweizer Radio und Fernsehen, dass das Geschäft der Geheimhaltungspflicht zwischen Hersteller und Besteller unterliege. Dementsprechend könne zu konkreten Fragen nicht Stellung genommen werden. Eine flächendeckende Internetüberwachung sei nicht möglich, strafrechtliche Überwachung der Telekommunikation jedoch gesetzlich verankert und völlig unbestritten, wird die Kapo weiter zitiert.

BÜPF soll Einsatz legitimieren

Die Aussage der Kapo stimmt, dabei geht es aber um Daten, welche die Telekomanbieter speichern und auf Anliegen eines Richters herausgegeben. Präventive Überwachung der Behörden beziehungsweise der Einsatz von Staatstrojanern war bislang eine rechtliche Grauzone, die erst mit der Revision des Bundesgesetzes betreffend die berwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (BPF) aufgelöst werden soll. Das Gesetz war allerdings noch nicht beschlossen, als die Kapo gemäss den Dokumenten den Kauf tätigte. Bis es in Kraft ist, gilt der Status Quo. Und in dem wird beim Einsatz solcher Staatstrojaner Artikel Art. 280 ff. der Strafprozessordnung ins Feld geführt, der solche Massnahmen berechtigt. Die Meinungen der rechtlichen Grundlage gehen jedoch auseinander, auch weil eine solche Überwachungsmassnahme viel weiter geht, als im Art. 280 ff. beschrieben



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