Interface Design
27.10.2005, 17:45 Uhr
Ein Blick zurück
Interface Design legt fest, wie Computer genutzt werden können. Ein Blick zurück zeigt auf, wie man sich in der Pionierzeit des Interface Design den Umgang mit dem Computer vorstellte. Es lohnt, sich die damaligen Visionen zu vergegenwärtigen und sich von ihnen inspirieren zu las
Jahre 1950 war es nur wenigen Aus-erwählten vorbehalten, einen Computer zu bedienen. Ausgebildete Operatoren steuerten die Rechenmaschinen. Selbst kundige Programmierer stanzten ihre Programme auf Lochkarten und übergaben diese dem Operator zur Verarbeitung. Die Ausbeute der Datenverarbeitung, ob Fehlermeldungen oder Berechnungsresultate, bekamen sie danach vom Operator in Form von langen gedruckten Listen ausgehändigt. Der Datenverarbeitungsprozess ? Eingabe, Rechenprozess und Ausgabe ? dauerte nicht selten eine Woche.Seither hat sich viel geändert. Heute arbeiten nicht nur Operatoren und Programmierprofis mit dem Computer, sondern Jung und Alt, quer durch alle Bevölkerungsschichten, machen in Arbeit und Freizeit von digitalen Produkten Gebrauch. Dass dies ohne kryptische Computersprache möglich ist, verdanken wir namentlich dem Graphical User Interface (GUI). Das GUI erschien allerdings nicht von einem Tag auf den anderen auf der Bildfläche. Zunächst musste die Idee der Visualisierung von digitalen Objekten zur Welt kommen, beziehungsweise umgesetzt werden. Was wir heute als intuitive Benutzeroberfläche bezeichnen, hat sich vorab in unzähligen Benutzertests bewähren müssen.
See and point
Die Bedienung des Computers mittels Kommandozeile setzte die Kenntnis einer relativ umfangreichen Befehlssprache voraus. Zudem war nicht unmittelbar ersichtlich, welche Effekte die ausgeführten Befehle zeitigten. Für professionelle Softwareentwickler mag dies kein Problem sein oder sogar Vorteile hinsichtlich speditiver Arbeitsabwicklung mit sich bringen. Für Nichtprogrammierer hingegen haben Befehlssprachen mit ihrem Prinzip des «remember-and-type» erhebliche Nachteile. Die bisherige Erfolgsgeschichte des Computers wäre nicht denkbar, hätte man bei der Gestaltung der Benutzerschnittstelle nicht nach neuen Formen gesucht. Mit dem Leitspruch «see-and-point» wurde eines der bedeutsamsten Prinzipien für das Interface Design auf den Punkt gebracht. Zeigegeräte und anschauliche Repräsentationen von digitalen Objekten revolutionierten die Art und Weise der Computernutzung.
Im Jahre 1967 meldete Douglas Engelbart die Computermaus unter dem Namen «X-Y Position Indicator» zur Patentierung an. Das Patent wurde 1970 gewährt. Für Engelbart war die Computermaus die logische Weiterentwicklung des Lichtgriffels, mit welchem man unmittelbar an der Bildschirmoberfläche Objekte manipulieren konnte. Benutzertests ergaben nämlich, dass bei der Benutzung des Lichtgriffels relativ schnell Ermüdungserscheinungen des erhobenen Armes auftraten. Deshalb stellte die Maus eine überprüfenswerte Eingabealternative dar. Denn die Maus wird auf der horizontalen Tischfläche bewegt, während ein Pointer auf dem vertikal ausgerichteten Bildschirm die Bewegungen anzeigt. Ob diese indirekte Objektkontrolle, die sich durch die räumliche Trennung von Maus und Bildschirm ergibt, ein befriedigendes Interfacearrangement darstelle, war nicht auf Anhieb einsichtig. Eine Sorge, die aus heutiger Sicht ein leichtes Schmunzeln
verursachen mag, wenn man sich die Allgegenwärtigkeit der Maus vor Augen führt. «See-and-point» hat sich mittlerweile als einleuchtendes und schlüssiges Interface-Prinzip durchgesetzt.
Im Jahre 1967 meldete Douglas Engelbart die Computermaus unter dem Namen «X-Y Position Indicator» zur Patentierung an. Das Patent wurde 1970 gewährt. Für Engelbart war die Computermaus die logische Weiterentwicklung des Lichtgriffels, mit welchem man unmittelbar an der Bildschirmoberfläche Objekte manipulieren konnte. Benutzertests ergaben nämlich, dass bei der Benutzung des Lichtgriffels relativ schnell Ermüdungserscheinungen des erhobenen Armes auftraten. Deshalb stellte die Maus eine überprüfenswerte Eingabealternative dar. Denn die Maus wird auf der horizontalen Tischfläche bewegt, während ein Pointer auf dem vertikal ausgerichteten Bildschirm die Bewegungen anzeigt. Ob diese indirekte Objektkontrolle, die sich durch die räumliche Trennung von Maus und Bildschirm ergibt, ein befriedigendes Interfacearrangement darstelle, war nicht auf Anhieb einsichtig. Eine Sorge, die aus heutiger Sicht ein leichtes Schmunzeln
verursachen mag, wenn man sich die Allgegenwärtigkeit der Maus vor Augen führt. «See-and-point» hat sich mittlerweile als einleuchtendes und schlüssiges Interface-Prinzip durchgesetzt.
Vom Buch zum Computer
Auch Alan Kay sind wichtige Impulse für die Entwicklung einer intuitiven Benutzerschnittstelle zu verdanken. Als Mitarbeiter des Palo Alto Research Center (Parc) bereitete er den Weg für die Entwicklung des Personal Computers. In den siebziger Jahren gab er seiner diesbezüglichen Vision den Namen Dynabook. Mit Dynabook lancierte Kay die Vision eines tragbaren interaktiven Personalcomputers, der wie eine Art Arbeitsmappe oder Skizzenbuch zu benutzen sei. Verschiedene mediale Objekte wie Text, Ton, Bild und Animation, so seine Vorwegnahme von Multimedia, sollten damit als Hyperdokumente dynamisch arrangiert und bearbeitet werden können. In Analogie zu den Kulturtechniken Lesen und Schreiben, die das Medium Buch charakterisieren, sucht Kay nach entsprechenden Umgangsformen mit dem Medium Computer.
Das Konzept des Dynabooks ist so bestechend wie einfach. Interfaces müssen die Computernutzung im wahrsten Sinne des Wortes kinderleicht machen. Kinder werden zum Modellfall des Computerbenutzers. Damit wird die Suche nach einer spielerisch-neugierigen Handhabung des Computers auf die Forschungsagenda gesetzt. Entwicklungspsychologische Erkenntnisse, die besagen, dass menschliches Erfahrungswissen generell auf drei Arten repräsentierbar ist, dienen als Leitfaden für Interface Design:
Das Konzept des Dynabooks ist so bestechend wie einfach. Interfaces müssen die Computernutzung im wahrsten Sinne des Wortes kinderleicht machen. Kinder werden zum Modellfall des Computerbenutzers. Damit wird die Suche nach einer spielerisch-neugierigen Handhabung des Computers auf die Forschungsagenda gesetzt. Entwicklungspsychologische Erkenntnisse, die besagen, dass menschliches Erfahrungswissen generell auf drei Arten repräsentierbar ist, dienen als Leitfaden für Interface Design:
Enaktive Repräsentation: Wissen wird durch sensomotorische Bewegungen und gestische Handlungen in Erfahrung gebracht. Der Mensch findet sich in seiner Umwelt zurecht, indem er Objekte unmittelbar manipuliert. Der Umgang mit Objekten stützt sich auf erlernte Reaktionsmechanismen und Routinehandlungen und beruht grundsätzlich auf der Koordination von Seh- und Greifschema. Oft können derartige Handlungen nicht einsichtig erklärt werden, sondern müssen schlicht und einfach vorgezeigt und durch Imitation erprobt werden.
Ikonische Repräsentation: Wissen wird durch sinnhaft bildliche Darstellungen in Erfahrung gebracht. Der Mensch versteht es, sich ein Bild von der Welt zu machen. Durch figurative Veranschaulichung können Objekte konkret vorgestellt und zu sinnvollen Anordnungen konfiguriert werden. Anschauliches Denken und Handeln wird angeleitet durch die Bildung von Analogien zwischen ähnlichen Objekten.
Symbolische Repräsentation: Wissen wird in abstrakter Form zur Darstellung gebracht. Der Mensch lernt mit Sprache, das heisst mit willkürlichen Objekten umzugehen und gemäss spezifischen Regeln logische Operationen durchzuführen oder grammatikalisch korrekte Aussagen zu formen. Symbole verweisen auf abstrakte Sinnbilder oder Beziehungsmuster von Objekten.
Kay hat diese drei Typen des Erfahrungswissens in die Formel «Doing with Images makes Symbols» gepackt. Weil die Menschen sich im Alltag für gewöhnlich auf alle drei Typen der Erfahrung gleichermassen verlassen, sollen sie beim Interface Design auch durchgängig zum Tragen kommen. Während die enaktive Komponente (Doing) durch Eingabegeräte wie z. B. der Maus ihre Berücksichtigung findet, kommt die ikonische Komponente (Images) durch Objektrepräsentationen ? Icons und Windows genannt ? auf dem Bildschirm zum Vorschein. Die symbolische Komponente (Symbols) zeigt sich vorwiegend bei Programmcodes und schematischen Darstellungen, aber auch in Form von gezielten Suchstrategien beim «googeln».
Kay hat diese drei Typen des Erfahrungswissens in die Formel «Doing with Images makes Symbols» gepackt. Weil die Menschen sich im Alltag für gewöhnlich auf alle drei Typen der Erfahrung gleichermassen verlassen, sollen sie beim Interface Design auch durchgängig zum Tragen kommen. Während die enaktive Komponente (Doing) durch Eingabegeräte wie z. B. der Maus ihre Berücksichtigung findet, kommt die ikonische Komponente (Images) durch Objektrepräsentationen ? Icons und Windows genannt ? auf dem Bildschirm zum Vorschein. Die symbolische Komponente (Symbols) zeigt sich vorwiegend bei Programmcodes und schematischen Darstellungen, aber auch in Form von gezielten Suchstrategien beim «googeln».
Neugier und Mut
Kay zufolge hat die Computerrevolution noch nicht stattgefunden. Das Potenzial des Mediums Computer gilt es erst noch zu entdecken. Mit standardisierten Tests, die die Gebrauchstauglichkeit des Computers messen, kommt man dem Medium Computer jedoch nicht auf die Schliche. Sicher ist jedenfalls, dass sich «kinderleichte» Computerbenutzung nicht auf Effizienz und Effektivität reduzieren lässt. Menschliche Handlungsmuster hängen nur zum Teil von rational planbaren Arbeitsabläufen ab. Gefragt ist auch «Joy of Use», der bei Benutzertests aber allzu oft vernachlässigt wird. Dies mag damit zu tun haben, dass Qualitätsmerkmale wie Zufriedenheit nicht einfach objektivierbar sind.
Der kurze Blick in die Geschichte von Interface Design zeigt auf, dass es in Sachen Usability Sinn macht, auch weichen oder unscharfen Faktoren zu ihrem Recht zu verhelfen. Mit einer ingenieurstechnischen Verkürzung auf «Human Factors Engineering» wird die Computerrevolution auf jeden Fall nicht eingeleitet. Vielleicht täte der «Usability Domäne» ein bisschen mehr Neugier und Mut zum Spielerischen gut. Warum nicht das Mediale des Computers erfinden und entdecken wollen? Das Spiel als Paradigma einer kreativen Handlungsweise könnte dem Genre der Usability allemal innovative Impulse verleihen. Dem Beginn einer lang währenden und kreativen Freundschaft zwischen Mensch und Computer stünde dann nichts mehr im Wege.
Der kurze Blick in die Geschichte von Interface Design zeigt auf, dass es in Sachen Usability Sinn macht, auch weichen oder unscharfen Faktoren zu ihrem Recht zu verhelfen. Mit einer ingenieurstechnischen Verkürzung auf «Human Factors Engineering» wird die Computerrevolution auf jeden Fall nicht eingeleitet. Vielleicht täte der «Usability Domäne» ein bisschen mehr Neugier und Mut zum Spielerischen gut. Warum nicht das Mediale des Computers erfinden und entdecken wollen? Das Spiel als Paradigma einer kreativen Handlungsweise könnte dem Genre der Usability allemal innovative Impulse verleihen. Dem Beginn einer lang währenden und kreativen Freundschaft zwischen Mensch und Computer stünde dann nichts mehr im Wege.
Weitere Informationen:
Doug Engelbarts Computermaus:
http://sloan.stanford.edu/MouseSite/
Doug Engelbarts Computermaus:
http://sloan.stanford.edu/MouseSite/
Alan Kays Dynabook:
http://www.honco.net/os/kay.html
http://www.honco.net/os/kay.html
Zum Autor:
Victor Zwimpfer ist wissenschaftlicher Mitarbeiter der Fachgruppe Interface Design an der Fachhochschule Nordwestschweiz, FHA Gestaltung und Kunst.
Victor Zwimpfer ist wissenschaftlicher Mitarbeiter der Fachgruppe Interface Design an der Fachhochschule Nordwestschweiz, FHA Gestaltung und Kunst.
Victor Zwimpfer