Intels Tablet-Chef im Interview 12.09.2014, 09:59 Uhr

«Wir sind sehr aggressiv»

Günstig-Tablets und -Smartphones mit Intel-Chips: Wohin geht Intels Mobilchip-Strategie nach herben Verlusten? Erik Reid von Intel stand uns Rede und Antwort.
Computerworld unterhielt sich mit Erik Reid, General Manager Mobile and Communications Group Intel
Die lange Vorlaufphase zur Produktion mobiler Chips bescherte Intel im zweiten Quartal einen Umsatzverlust von über 60 Prozent im Mobilchip-Geschäftsbereich. Im Smartphone-Bereich ist Intel erst kürzlich eine Partnerschaft mit dem chinesischen Chip-Hersteller Rockchip eingegangen, um gegen Ende Jahr erste Sofia-Chips mit LTE-Modulen an die Smartphone-Hersteller zu bringen. Aber auch bei den Tablets mit Günstig-SoCs wie BayTrail musste Intel tief in die Tasche greifen. Hier partnert Intel inzwischen mit vielen chinesischen Tablet-Machern, um das ehrgeizige Ziel von 40 Millionen Tablets in diesem Jahr erreichen zu können. Dies und mehr verriet uns Erik Reid, General Manager Mobile and Communications Group von Intel, in einem Interview. Computerworld: Herr Reid, können Sie uns in ein paar Worten Ihre Position bei Intel beschreiben? Erik Reid: Sicher, ich bin Vicepresident Mobile Communications Group and General Manager Tablet Business, verantwortlich für das gesamte Tablet-Geschäft von Intel. Am letzten IDF drehte sich alles um neue Low-Budget-Tablets mit den sparsamen Atom-BayTrail-Chips. Aber jetzt, wo Kirk Skaugen die neuen Core-M-Chips angekündigt hat, ist es dann überhaupt noch notwendig, eine Low-Budget-Strategie zu fahren? Sicher. Wenn Sie sich den Tablet-Markt insgesamt ansehen, ist ein Grossteil davon im tiefen Preissegment angesiedelt, das Core M nicht adressieren könnte. BayTrail wird demzufolge noch immer den Grossteil der Tablet-Belieferungen ausmachen. Lassen Sie mich dazu ein Beispiel machen (er deutet auf das frühe Referenzdesign des ultradünnen Dell Venue 8 7000, das vor uns auf dem Tisch liegt): Wir haben mit Google eine Partnerschaft, um eine solche Referenzplattform ausliefern zu können. Dieses ist eines der ersten Referenzdesigns des Tablets – das allererste. Dabei handelt es sich um ein BayTrail-Vierkernsystem. Es zielt auf eine kleine Entwicklergemeinde, die sich primär um wichtigste Apps kümmern. Das Gerät wird gegen 99 und 119 US-Dollar kosten, sobald es im Handel angelangt ist. Basiert es immer noch auf der BayTrail-Plattform, die letztes Jahr angekündigt wurde? Ja. BayTrail wurde ja eigentlich im letzten Jahr angekündigt. Gerade in der ersten Jahreshälfte dieses Jahres hat sich die Plattform so langsam unter Entwicklern zu entfalten begonnen. Letztes Jahr konnte ich selber an einigen Benchmark-Sessions erleben, wie perfomant BayTrail eigentlich läuft. Bis jetzt habe ich allerdings noch so gut wie keine Tablets gesehen, die wirklich auf der Plattform basieren. Vielleicht gerade mal Asus mit seinem erfolgreichen Transformer Book T100. Da liegen Sie richtig. Gerade zu dem Zeitpunkt, wo wir darüber sprechen, findet eigentlich eine grössere Entfaltungswelle dieser Plattformen statt. Mehr Geräte kommen in der ersten Jahreshälfte nächsten Jahres. Und wie sieht es mit den Smartphone-Chips aus? Wird Intel da immer noch auf eine weiterführende Strategie mit einem neuen Sofia-Chip setzen? Ja. Sofia ist ein grossartiges Produkt. Die erste Generation dieser Chips kommt gegen Ende Jahr. Und die LTE-basierten Plattformen mit dem SoC kommen in der ersten Jahreshälfte des nächsten Jahres. Und die Plattformen werden sich insbesondere für Einsteigergeräte anbieten. Eigentlich ist es so, dass Tablets und Smartphones im Chipmarkt oftmals auf ähnliche Architekturen setzen. Wir bei Intel freuen uns wirklich auf die Sofia-Chips. Spielt eigentlich der Standard Intel Wireless Display (WiDi) per se immer noch eine Rolle? Absolut. Alle neuen Intel-basierten Tablets werden Miracast unterstützen, das weiterhin der Grundstandard bleiben wird. WiDi bietet schlussendlich zusätzliche Features, die auf Miracast aufbauen. Eine weitere Technologie, auf die wir setzen werden, ist WiGig, um Daten direkt aufs Gerät bzw. auf den Bildschirm zu übertragen und, wie Sie ja gesehen haben, um Geräte drahtlos laden zu können! All diese Dinge werden auf Tablets kommen. Wir hoffen, gegen Ende 2015 mit ersten Geräten mit dieser Technologie rechnen zu können. Wie glauben Sie, werden wir in zehn Jahre kommunizieren? Hat da Intel eventuell schon den Nachfolgechip zu LTE Advanced in der Mache? Wir reden im Moment von 5G. Das ist unumstritten der nächste Entwicklungsstandard, bei dem die Industrie derzeit mit uns zusammenarbeitet, um zu definieren, wie der Standard genau aussieht. Da ist Intel sehr aktiv in Diskussionen involviert. Lassen Sie mich noch ein bisschen mehr zur Tablet-Strategie erzählen. Nur zu. Offensichtlich haben Sie vernommen, dass Brian Krzanich noch in diesem Jahr 14-Nanometer-basierte Tablets anvisiert. Da sind wir sehr auf Kurs. Wie Sie vielleicht auch in der Keynote vernommen haben, meinen Strategieanalysten, dass wir demnächst die «Nummer 2»-Belieferer im Tablet-Segment sind. Da sind wir also sehr aggressiv auf Kurs. Dazu gehen wir viele Partnerschaften wie beispielsweise mit Google und Dell ein, um an «ikonischen Designs» wie etwa dem Dell Venue zu feilen. Andere wichtiger Wegweiser unserer Strategie sind die Kommunikations-Chips. Einer dieser neuen LTE-Chips der nächsten Generation ist beispielsweise schon im Samsung Galaxy Alpha enthalten. Vor ein paar Jahren war hier noch die Frage, ob Intel überhaupt LTE-Lösungen anbieten könne. Wenn wir Ende Jahr Sofia ausliefern, werden wir eine bedeutende Rolle einnehmen können. Aber zur Reduktion der Kosten bei der eigentlichen Chip-Produktion war es demnach notwendig, auch in diesem Bereich neue Partnerschaften einzugehen? Zwei Dinge gilt es hierbei zu unterscheiden: Einerseits arbeiten wir mit einem «China-Tech-Ökosystem», um Kosten so tief wie möglich zu halten. Hierbei geht es um Komponentenwahl und Design. Andererseits haben wir gerade kürzlich eine Partnerschaft mit Rockchip beschlossen: einer chinesischen Firma, die SoCs produziert. Mit ihnen arbeiten wir zusammen, um die eigentlichen Produkte zu entwickeln. Sie sehen, wie bei Prozessoren üblich, ist hier einmal mehr sehr viel Innovation gefragt.



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