Swisscom vs Cablecom oder
04.02.2016, 20:10 Uhr
Kampf um mehr Geschwindigkeit
Swisscoms Kupferleitungen sind den Koaxialkabeln von Cablecom in Sachen Speed hoffnungslos unterlegen. Ein Experiment aus Deutschland zeigt aber: Das wird nicht ewig so bleiben.
Im Kampf um den Schweizer Telekommunikationsthron sitzt die Swisscom derzeit komfortabel auf dem Leader-Thron, auch wenn die Zahlen schon besser waren. Doch Cablecom sägt am Stuhlbein. Eines der grössten Probleme der Swisscom im Kampf um die Erhaltung der Marktherrschaft: die Kupferleitungen, welche noch zu Zeiten der PTT verlegt wurden, erlauben deutlich langsamere Übertragungsraten als die Kabelnetze der Cablecom. Um das Problem aus der Welt zu schaffen, investiert Swisscom viel Geld in neue Infrastruktur, alleine letztes Jahr 1,8 Milliarden Franken. Beispielsweise in Vectoring, das die Übertragungsgeschwindigkeit von Kupfer auf 100 Mbit/s verdoppeln kann und heute in rund 900 000 Wohnungen und Gebäuden verfügbar ist. Ob solcher Geschwindigkeiten wird bei Cablecom allerdings niemand nervös, sie bietet ihren Kunden derzeit flchendeckend Bandbreiten von 500 Mbit/s (bei entsprechendem Abo) an. Deshalb dürfte es Swisscom und andere Nicht-Kabler freuen, was der Deutschen Telekom in Zusammenarbeit mit Nokia gelungen ist: Im Labor erreichten sie mit der Technologie XG-Fast über Kupferkabel eine Downloadgeschwindigkeit von mehr als 11 Gbit/s. Das hat zwar wenig mit der Realität zu tun und man gibt zu, sich eines Tricks bedient zu haben (Für Interessierte: Es wurden zwei verdrillte Kupferdoppeladernpaare von «hoher Qualität» eingesetzt). Doch auch in der Praxis könnte XG-Fast ein Meilenstein sein: Mit einem Standardkabel wurden auf eine Entfernung von 70 Meter symmetrische Dienste mit 1Gbit/s unterstützt. Kupfer gleichschnell wie Koax ###BILD_54784_fullwidth### XG-Fast nutzt, wie auch die Vorgängertechnologie G.fast, den letzten Abschnitt des vorhandenen Kupfernetzes, um Geschwindigkeiten zu erzielen, die der Übertragung auf Glasfaser ähnlich sind. Mit G.Fast könnte Swisscom seinen Kupferkunden 500Mbit/s anbieten, allerdings wird die Technologie erst Ende des Jahres ausgerollt. Mit XG-Fast werden die Kupferkabel sogar schneller als die jetzigen Cablecom-Abos. Bis diese Technologie zum Einsatz kommt, dauert es noch einmal wesentlich länger, Schätzungen wären aber unseriös. Um bereits heute mit den Kablern mithalten zu können, bedient sich Swisscom eines Schachzugs, der einerseits genial, andererseits fragwürdig ist. Gemeinsam mit Partnern – oft städtische Elektrizitätswerke – wird das Glasfasernetz ausgebaut. Die Partner beteiligen sich mit in der Regel 40 Prozent an den Kosten und dürfen dafür eigene Fasern anbieten. Leider ist das eine völlige Fehlkalkulation der E-Werke, ##{"type":"InterRed::Userlink","linktype":"b","linkoffset":0,"ziel_ba_name":"cwx_artikel","bid":0,"cid":0,"extern":"","fragment":"","t3uid":"65368","page":0,"text":"wie in diesem Beitrag beschrieben","target":"_top","alias":"","_match":"","_custom_params":[]}#!. Das ist natürlich nicht das Problem der Swisscom, es soll hier aber noch einmal angemerkt werden. Bislang hat Swisscom 2,9 Millionen Ultrabreitbandanschlüsse installiert, davon rund 2 Millionen mit modernen Glasfasertechnologien. Diese «Ultrabreitbandtechnologien» setzt Swisscom ein ! KASTEN ! Wer zu der Million Kunden gehört, die bereits einen FTTH-Anschluss besitzen, muss nicht mehr neidisch Geschichten über Downloadgeschwindigkeiten von Kabelkunden anhören. Allerdings lebt diese Person mit sehr grosser Wahrscheinlichkeit in einer Stadt. Alles, was nicht urban ist, ist der Swisscom nämlich zu teuer und wird, ausser 1-2 Prestigeprojekte, in absehbarer Zeit nicht mit FTTH erschlossen. Der Grundsatz dabei: Je näher an der Steckdose die Glasfaser liegt, je teurer ist sie. Lesen Sie auf der nächsten Seite: Heute unterlegen, aber es geht bereits um Morgen Heute unterlegen, aber es geht bereits um Morgen ###BILD_54785_fullwidth### Weil die Swisscom aber das Ziel ausgegeben hat, bis 2020 85 Prozent aller Wohnungen und Geschäfte mindestens 100Mbit/s bieten zu können, müssen die Kupferleitungen verbessert werden. Das kommt deutlich günstiger als der Glasfaserausbau, wo jeder Meter extra den Geldbeutel schmerzt. Dank Vectoring muss Swisscom ihre Glasfaser nur bis in die Verteilerkasten am Strassenrand, die grossen grauen Kästen, verlegen und kann ab da die bereits bestehenden Kupferleitungen nutzen. Mit G.Fast respektive später XG-Fast muss die Glasfaserleitung zwar bis ins Gebäude gezogen werden, dafür erhält der Kunde auch wesentlich mehr Geschwindigkeit. Und darum, nun das grosse Bild, geht es der Swisscom: Den Kunden bei Laune halten, bis die Konkurrenz an die Wand gedrängt ist. Derzeit ist man den Kablern hoffnungslos unterlegen und das wird auch die nächsten Jahre so bleiben, wie am Swisscom-Ziel 2020 zu erkennen ist. Besonders, da die Kabler ihre neuste, noch schnellere Technologie bereits in den Startlöchern haben, Quickline hat sie bereits eingefhrt. Aber in absehbarer Zukunft wird Glasfaser in jedem Haushalt verfügbar sein und die Fasern sind den Koaxkabeln der Kabler überlegen, da sie später später an Kapazitätsgrenzen stossen. Dann kann Swisscom Grundangebote mit 500Mbit/s oder mehr anbieten und die Kabler müssen ihre Produkte zu Schleuderpreisen an den Mann oder die Frau bringen. Oder sie mieten sich Glasfaserleitungen, entweder bei Swisscom oder den E-Werken. Falls die ihre enormen Verluste dank dem Steuerzahler, Quersubventionierungen oder etwas anderem ausgleichen konnten. Was auch noch beachtet werden muss: Für Kabelkunden ist die maximal mögliche Bandbreite jeweils ein optimaler Wert. Die am Quartierverteiler anliegende Bandbreite ist um ein x-faches höher als die Höchstgeschwindigkeit des Endkunden, weil dieser die Bandbreite mit den anderen angeschlossenen Nutzern teilen muss. Glasfaser haben diesen Flaschenhals aber nicht. Cablecom sagt dazu, dass man durch Netzmonitorining ausgelastete Verteiler orte und sofort entsprechend reagiere und deshalb immer die volle Leistung zur Verfügung stehe. Wir glauben das der Firma natürlich, vor allem da sie beim Bakom darauf pocht, dass die Verbesserung der Transparenz in Sachen theoretische vs tatsächliche Bandbreite vorangetrieben wird. Das Fazit bleibt allerdings das Gleiche: Über die nächsten ungefähr zehn Jahre klarer Vorteil für Cablecom + Co. in Sachen Geschwindigkeit. Danach dreht der Wind.