24.02.2014, 12:10 Uhr

Die fünf Problemfelder der Cablecom

Bei Cablecom freut man sich über einen neuen Umsatzrekord. In Wirklichkeit hat das Unternehmen aber an verschiedenen Fronten mit Schwierigkeiten zu kämpfen.
Wie es mit der Horizon-Box weitergeht ist eines der Probleme, für das die Cablecom in diesem Jahr eine Lösung finden muss
1,2 Milliarden Franken Umsatz hat upc cablecom im letzten Jahr erwirtschaftet, neuer Rekord. 74 300 Kunden konnten neu gewonnen werden, die Kundenzufriedenheit liegt bei 83 Prozent des maximal möglichen Ergebnisses. Entsprechend euphorisch verkaufte Cablecom ihren Jahresbericht und freut sich aufs 2014. Computerworld zeigt, welche fünf Problemfelder die Freude allenfalls trüben könnten.

1. Innovationen

Würde man die Verantwortlichen fragen, was es bei Cablecom im letzten Jahr an Neuerungen gab, würden diese eine längere Liste präsentieren. Horizon, Replay-TV, mehr HD-Sender, schnelleres Internet, Zukauf von Kabelnetzen, Wi-Free in St. Gallen stünden darauf. Doch nur letzteres ist wirklich innovativ, der Rest lediglich Verbesserungen vorhandener Features oder Produkte, welche die Konkurrenz in ähnlicher Form auch hat. Dieses konservative Innovationsstrategie ist nachvollziehbar. Man hat in der Schweiz eine Stellung, in der man nicht viel verlieren, aber auch nicht viel gewinnen kann (die 75 000 Neukunden entsprechen nicht mal einem Prozent der Schweizer Bevölkerung). Aber die Konkurrenz schläft nicht ewig und heutige Kunden sind sprunghafter als in der Vergangenheit. Man würde darum gut daran tun, sich nicht nur auf dem bisher Erreichten auszuruhen.

2. Einstieg ins Mobilfunkgeschäft

Ein Ansatz, innovativer zu werden, ist vorhanden: Cablecom wird in diesem Jahr in Zusammenarbeit mit Orange ins Mobilfunkgeschäft einsteigen. Was man deutlich weniger offensiv kommuniziert: Bereits von 2005 bis Dezember 2010 hatte Cablecom in Partnerschaft mit Sunrise das Angebot Mobile Connect, das grandios scheiterte. Entsprechend vorsichtig wird man bei Cablecom nun sein. Es ist anzunehmen, dass der erneute Mobilfunkversuch vor allem geschieht, um Kunden ein Quadruple-Angebot (TV, Internet,  Festnetz, Mobile) offerieren zu können, weil dies heute für viele Nutzer das primäre Entscheidungskriterium ist. Grosse Anstrengungen, in Bereich Mobilfunk Marktanteile zu gewinnen, wird man darüber hinaus kaum unternehmen. Dafür ist die Konkurrenz bereits zu etabliert.

3. Horizon

Mit grossen Hoffnungen und noch grösseren Versprechungen lancierte Cablecom zu Beginn des Jahres 2013 die Horizon-Box. Sie sollte das Verkaufsargument schlechthin des Unternehmens werden. Eine TV-Plattform, die der Konkurrenz in Sachen Technik, Aussehen und Usability überlegen ist. Doch rasch stellte sich Ernüchterung ein. Kunden machten ihrem rger Luft ber technische Fehler, die Zusammenarbeit mit Zattoo war ein Rohrkrepierer und eine Replay-Funktion erst im letzten November eingeführt. Der Produktverantwortliche der Horizon-Box rumte seinen Posten. Auch heute noch gibt es verschiedene Probleme. Die Menüführung ist trotz neuer Fernbedienung umständlich, der TV-Guide langsam, das Abspielen von HD-Filmen bereitet Probleme und die Box tendiert zu Aussetzern. Auch wenn Cablecom von einem Erfolgsprodukt redet, werden immer seltener Zahlen bekanntgegeben. Nach einem Monat besassen 20 000 Menschen eine Horizon-Box, mittlerweile wurden 140 000 Stück verkauft. In dieser Zeit hat Cablecom 45 700 neue Digitalkunden dazugewonnen, die grosse Mehrheit der Horizon-Nutzer zahlte also bereits vorher für eine Set-Top-Box. Um das einzuordnen: Die Cablecom weist offiziell 1,42 Millionen digitale Fernsehanschlüsse auf. 10 Prozent der eigenen Kunden setzen also nach immerhin einem Jahr auf das eigentliche Highlight-Produkt, wahrlich keine überzeugende Quote. Lesen Sie auf der nächsten Seite: Teleclub & letzte Meile

4. Teleclub

Passivsport ist einer der Lieblingsbeschäftigungen des Schweizer Mannes (und mancher Frauen). Wer sich für einen Digital-TV-Anbieter entscheidet, nimmt darum den, der ihm das beste Sportangebot bietet. Und da hat Cablecom grosse Nachteile gegenüber Swisscom. Denn Teleclub offeriert Swisscom-Kunden das wesentlich breitere Sportpaket. Cablecom erhält nur eine Light-Version und muss dafür noch mehr zahlen (die ganzen Hintergrnde gibt es in diesem Artikel). Ob das fair ist oder nicht, untersucht aktuell die Wettbewerbskommission (Weko). Immerhin: Cablecom versucht sich mit eigenen Mitteln zu wehren, bietet seit einigen Monaten einige zusätzliche internationale Sportkanäle an, welche die Swisscom nicht im Programm hat. Doch entscheidet die Weko, dass das Sportangebot von Teleclub für Swisscom und Cablecom-Kunden weiterhin unterschiedlich ausfallen darf, nützt das nur wenig. Dann wird Cablecom weiterhin viele Kunden an Swisscom TV verlieren, weil dort mehr Schweizer Sport geboten wird.

5. Letzte Meile

Cablecom nutzt für ihre Datentransporte auf den letzten Metern ein gut ausgebautes Koaxialkabel-Netz. Ein Vorteil gegenüber Swisscom, deren veraltete Kupferleitungen nach und nach durch Glasfaser ersetzt werden. Während Swisscom jedes Jahr knapp 2 Milliarden Franken ? inklusive Mobilfunknetzausbau ? dafür investieren muss, kommt Cablecom mit 200 Millionen Franken aus. Doch in Zukunft wird sich der Wettbewerbsvorteil verschieben und Cablecom ins Hintertreffen geraten. Denn über Koax können 5 Gigabit pro Sekunde übertragen werden. Diese Kapazität teilen sich alle Haushalte, die am gleichen regionalen Verteiler angeschlossen sind. Das Problem: irgendwann reichen die 5Gbit/s nicht mehr aus. Heute braucht das analoge und das digitale TV-Signal ungefähr die Hälfte dieser Kapazität,. Bleiben also für Internet oder TV on Demand ungefähr 2 Gbit/s, welche sich die Nutzer teilen müssen. Gibt es 8 Nutzer, die am gleichen regionalen Verteiler angeschlossen sind und das neue 250 Mbit/s Internet-Angebot abonniert haben, ist die Bandbreite aufgebraucht. Die Lösung: Cablecom teilt die Zellen auf maximal 4 Nutzer auf, was die Kapazität verdoppelt. Das Problem: Diese hardwarebasierte Zellenerweiterung ist extrem kostspielig. Cablecom muss also eigentlich darauf hoffen, dass sich Kunden mit langsameren Angeboten zufrieden geben. Weil dies aber nicht geschehen wird und Cablecom aus Kostengründen nicht beliebig Zellen teilen kann, muss in absehbarer Zukunft ? Telekom-Experte Ralf Beyeler schätzt 10 Jahre ? auf Glasfaser gesetzt werden. Und bis dahin hat die Swisscom dort gemeinsam mit den Elektrizitätswerken ein Duopol. Da darf sich die Cablecom dann einmieten und es ist nicht davon auszugehen, dass günstige Zugangspreise gemacht werden.



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