Comparis-Update
31.08.2012, 10:38 Uhr
Comparis verlangt Transparenz
Letzten Donnerstag wurde öffentlich, dass ein Comparis-Mitarbeiter versuchte, die Webseite des Bundesamt für Gesundheit zu hacken. Er wurde auf der Stelle entlassen. Der Streit zwischen Bund und Comparis scheint erst begonnen zu haben.
Update. 04. September 2012: Comparis begrüsst die Klage von Bundesrat Alain Berset, wie das Unternehmen in einer Mitteilung schreibt: «Die Klage bietet die Gelegenheit, alles aufzuklären und die Vorwürfe an das Unternehmen endgültig zu entkräften», sagt Felix Schneuwly, Mediensprecher bei comparis.ch. Der Internetvergleichsdienst sieht laut eigener Aussage keinen Rechtsbruch von Unternehmensseite, findet es aber befremdlich, die konkreten Anschuldigen fast ein Jahr später aus der Presse erfahren zu haben. Weder das Bundesamt für Informatik noch das Bundesamt für Gesundheit hätten Comparis in den vergangenen elf Monaten mit Beweisen konfrontiert. «Dass die Dokumente erst jetzt, kurz vor Bekanntgabe der Krankenkassenprämien, in den Medien erscheinen, lässt den Verdacht eines gezielten, rufschädigenden Vorgehens gegen comparis.ch aufkommen», sagt Schneuwly. Darum verlangt Comparis die Einsicht aller Dokumente in denen von den Vorwürfen die Rede ist und beruft sich dabei auf das Öffentlichkeitsprinzip. Konkret will comparis.ch wissen, seit wann die Vorwürfe dem BAG respektive dem Eidgenössischen Departement des Innern (EDI) bekannt sind und wie sich die Behörden dazu gestellt haben. comparis.ch möchte auch wissen, wer die Dokumente den Medien warum zugespielt hat. Update, 03. September 2012: Nach dem Hackerangriff erwägt Bundesrat Alain Berset eine Klage gegen Comparis. Zudem will der Gesundheitsminister prüfen, ob ein kostenloses staatliches Konkurrenzprodukt zum Prämienvergleichsdienst lanciert werden kann. Pläne dieser Art hatte bereits Bersets Vorgänger im Amt, Didier Burkhalter. Comparis intervenierte damals jedoch erfolgreich mit der Begründung, dem Bund fehle die gesetzliche Grundlage für solche Offertenvermittlungen. Berset ist aber überzeugt, die dafür gesetzliche Grundlage schaffen zu können. Das braucht aber Zeit, weil zuerst die grosse und kleine Kammer zustimmen müssen, berichtet der «Tages-Anzeiger». Comparis erhält bisher von den Versicherern 40 Franken für jede Anfrage, die ein Nutzer stellt. Hat Berset Erfolg und der Bund lanciert einen kostenlosen Prämienvergleichsrechner, würde das Unternehmen daher wohl einen grossen Teil seiner Einnahmen verlieren. Ursprünglicher Artikel: 28. September 2011: Ein Comparis.ch-Mitarbeiter versucht, die Webseite des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) zu knacken. Das Bundesamt für Technologie (BIT) registriert den Angriff und fordert das BAG auf, ein Strafverfahren einzuleiten, berichtet «NZZ Online» mit Verweis auf «L'Hebdo», die den Fall gestern, fast ein Jahr nach Entstehung, publik machten. Das BAG entschloss sich gemäss des Westschweizer Wochenmagazins damals jedoch, auf eine Anzeige zu verzichten. Die Chancen einer Strafanzeige wären zu klein gewesen, wie «NZZ Online» eine Sprecherin des Innendepartements zitiert. Staatliche Konkurrenz Warum das BAG sich so entschied, ist allerdings nicht nachzuvollziehen. Laut BIT war der Angriff eindeutig einem Comparis-Rechner zuzuordnen. Zudem geschah die Attacke laut «NZZ Online» genau an dem Tag, als das BAG seinen Prämenirechner priminfo aufschaltete, quasi die staatliche Konkurrenz des Internetvergleichdienstes Comparis. Die beschuldigte Firma wies die Vorwürfe in einer ersten Mitteilung zurück, «man habe im letzten September lediglich öffentlich zugängliche Daten auf priminfo automatisiert abgefragt». Dieses Vorgehen mit Crawler-Software sei «eine gängige und legale Methode im Internet». Richterlicher Entscheid zu spät Kurz nach 19.00 Uhr ging aber eine weitere Comparis-Meldung in den Redaktionsbüros ein, in welcher Comparis eine Kehrtwende macht und schreibt, der Schuldige sei gefunden. Ein Mitarbeiter habe im Verlauf des Nachmittags gegenüber einem Vorgesetzten zugegeben, für die Vorwürfe verantwortlich zu sein. «Er hat dies aus rein persönlichem Interesse getan, allerdings während der Arbeitszeit und an seinem Arbeitsplatz», schreibt Comparis. Der geständige Mitarbeiter erhielt daraufhin die Kündigung und wurde mit sofortiger Wirkung freigestellt. «Zu keinem Zeitpunkt hat der Mitarbeiter in geschäftlichem Auftrag gehandelt», stellt das Unternehmen klar. Trotzdem wollte Comparis damit lieber nicht in den Medien erscheinen und versuchte, den Artikel per Gerichtsentscheid zu verhindern, wie «NZZ Online» weiter schreibt. Das Begehren hatte Erfolg, das Waadtländer Kantonsgericht verbot am Mittwochnachmittag die Publikation per superprovisorischer Verfügung. Genützt hat dies allerdings nichts. «Die Verfügung kam zu spät», sagte «L'Hebdo»-Chefredaktor Alain Jeannet «NZZ Online». «Es war uns materiell unmöglich, die Verteilung zu stoppen.» Grund dafür war, dass sich das Magazin bereits im Druck befand, als die richterliche Verfügung eintraf. Darum rief Comparis scheinbar erneut das Gericht an und verlangte, dass alle «L'Hebdo»-Ausgaben eingezogen werden, notfalls mithilfe der Polizei. Das Gericht lehnte dieses Begehren gemäss «NZZ Online» aber ab. Um dem Urteil trotzdem gerecht zu werden, entfernte «L'Hebdo» den Artikel vorerst von seiner Website. Die gerichtliche Anhörung wird am 12. September 2012 stattfinden.