Bundesgericht 22.04.2013, 08:00 Uhr

Spyware im Büro verboten

Unternehmen dürfen keine Spionage-Programme zur Überwachung von Angestellten einsetzen. Das hat das Schweizerische Bundesgericht in einem aktuellen Urteil entschieden.
Rechtsanwältin Ursula Widmer weist auf ein Bundesgerichtsurteil zu Spyware am Arbeitsplatz hin
Das Verhalten von Angestellten darf vom Arbeitgeber nicht mit Spyware kontrolliert werden. Auf diesem Weg gewonnene Erkenntnisse haben in einem gerichtlichen Verfahren gegen den Mitarbeiter keine Beweiskraft, entschied das Schweizerische Bundesgericht in einem vor kurzem ergangenen Urteil. Auf den Entscheid weisst die Berner Anwaltskanzlei Widmer & Partner in einer Aussendung hin. Der Fall betraf den Kommandanten einer Zivilschutzorganisation im Kanton Tessin. Gegen ihn bestand der Verdacht, dass er das Internet während der Arbeitszeit in erheblichem Umfang privat nutzte. Den Verdacht wollte die Organisation durch den Einsatz von Spyware erhärten. Während drei Monaten wurde die Nutzung des Arbeitsplatz-PCs ohne Wissen des Betroffenen überwachen. So liess sich feststellen, dass der Mitarbeiter einen wesentlichen Teil seiner Arbeitszeit für Privates nutzte. Dies führte zur fristlosen Kündigung. Der Fall war durch einen Artikelder Zeitung Blick an die Öffentlichkeit gekommen. In dem nun gesprochenen Urteil erachtet das Bundesgericht das Vorgehen des Arbeitgebers als unzulässig. Deshalb sei die fristlose Kündigung nicht gerechtfertigt. Nach Auffassung der Richter verstiess der Arbeitgeber mit der Spyware gegen das Arbeitnehmerschutzrecht. Dieses untersagt den Einsatz von Überwachungssystemen zur Kontrolle von Angestellten am Arbeitsplatz.

Kein generelles Überwachungsverbot

Überwachungssysteme sind gemäss dem Bundesgericht am Arbeitsplatz allerdings nicht prinzipiell verboten. Ist etwa aus Sicherheitsgründen eine Raumüberwachung notwendig, müssen die Bildausschnitte so gewählt werden, dass die Mitarbeiter möglichst nicht erfasst werden. Zum Beispiel lassen sich über Verkaufsflächen die Kameras so justieren, dass das Kassenpersonal nie in den Fokus gerät. Zusätzlich zum Verstoss gegen das Arbeitnehmerschutzrecht kommt nach Meinung des Bundesgerichts die Missachtung des Gebots der Verhältnismässigkeit. Der Arbeitgeber habe zwar ein legitimes Interesse an der Kontrolle der Leistung seiner Angestellten und dem Bekämpfen von missbräuchlichen Privataktivitäten im Büro. Jedoch ist die Überwachung mit Spyware laut den Richtern eine zu «einschneidende Massnahme». Stattdessen schlägt das Bundesgericht die Sperrung bestimmter Webseiten oder die Protokollierung der Internetnutzung vor. Liegt ein konkreter Verdacht auf missbräuchliche Nutzung vor, sei die personenbezogene Auswertung der Nutzungsprotokolle zulässig. Richtlinien hierzu habe der Eidgenössische Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte erlassen, so die Richter.



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