BÜPF
10.03.2014, 22:23 Uhr
Telcos müssen unten durch
Die Ständeratsdebatte über das BÜPF war eine Enttäuschung. Fast alle wichtigen Abstimmungen wurden auf nächste Woche verschoben. Ausser eine – und deren Ergebnis wird der Telco-Branche nicht gefallen. Trotzdem lohnt es sich zu hören, was die Politiker zu sagen hatten
Die Revision des BPF begann mit zwei Stunden Verspätung, als die Uhr am Berner Zeitglockenturm gerade 17.00 Uhr schlug. Um 20.30 Uhr verkündete Ständeratspräsident Hannes Germann deshalb(SVP/Schaffhausen), dass die Sitzung unterbrochen und am 19. März fortgesetzt wird. In den dazwischenliegenden drei Stunden hat Computerworld aufmerksam zugehört und die wichtigsten Quotes und Ergebnisse zusammengetragen. Für die IT-Branche traten vor allem Markus Stadler (GL/Uri) und Anita Fetz (Sp, Basel-Stadt) ein. Letztere weniger mit kernigen Aussagen, sondern mit Anträgen gegen den bestehenden Entwurf. Die besten Quotes «Voltaire sagte vor 200 Jahren, die Gedanken sind frei. Nun gilt scheinbar: 'Die Gedanken sind frei zugänglich'» Markus Stadler (GLP/Uri) «Vorratsdatenspeicherung ist nicht unproblematisch. Behörden bestehen nicht aus Robotern. Fehler sind möglich, Missbrauch ist denkbar.» Markus Stadler (GLP/Uri) «Wenn Emails verschlüsselt werden können und die Strafverfolgung keinen Zugang dazu hat, werden Kriminelle eingeladen, darüber zu kommunizieren.»Claude Janiak (SP/Basel-Land) Aus Sicht der Branche ist eine Entschädigung für die Datenaufbewahrung nötig. Ansonsten tragen schlussendlich die Kunden eines Fernmeldedienstanbieters die Überwachungsgelüste der Staatsanwaltschaft.»Konrad Graber (CVP/Luzern) «Ich habe selten erlebt, dass man in ein Gesetz so viel herein liest, das nicht darin steht. Es geht nicht um den Nachrichtendienst, nicht um das Bespitzeln und Ausspionieren von unbescholtenen Bürgern. Es geht darum, bei dringendem Verdacht in laufenden Strafverfahren auch die Telekommunikation der Verdächtigen überwachen zu können. Das ist übrigens alles heute schon möglich»Bundesrätin Simonetta Sommaruga (SP) Lesen Sie auf der nächsten Seite: die Abstimmung Die Abstimmung Nie stand zur Debatte, ob auf den Entwurf eingetreten werden soll, aller oben aufgeführter Wortgefechte zum Trotz. Kein Ständerat erhob Einspruch, dass der Entwurf zur Abstimmung kommen soll. Am Dokument selbst gab es aber etliche Punkte, die bemängelt wurden. Die wichtigsten: Artikel 2: Persönlicher Geltungbereich. Anita Fetz will den Geltungsbereich auf Personen mit wirtschaftlicher Tätigkeit beschränken, aber nicht auf Private. Ihre Begründung: «wenn jemand in mein WLAN eindringt, kann auch ich überwacht werden.» Bundesrätin Sommaruga antwortet darauf, dass es keine Duldungspflicht für Private geben wird. Anita Fetz zieht daraufhin ihren Antrag zurück mit der Bemerkung «dass Bundesrätin Sommaruga sagt, es herrscht Informationspflicht und die Privaten werden informiert.» Schlechtes Ergebnis für Telcos... Art. 26, Abs. 5: einer der im Vorfeld am heissesten debattierte Punkte. Müssen die Fernmeldedienstanbieter (FDAs) ihre Daten neu 12 anstatt 6 Monate aufbewahren? In der Praxis war die Debatte weit weniger hitzig. Es gab praktisch keinen Fürsprecher, der gegen die Verlängerung der Aufbewahrungsfrist war. Ausser Konrad Graber der darauf pochte, dass die Verhältnismässigkeit bei kleinen Anbietern gegeben sein muss. Bundesrätin Sommaruga sagte, dass kleinere FDAs von der verlängerten Aufbewahrungsfrist ausgenommen werden können. Entsprechend wurde die Verlängerung mit 22:14 Stimmen angenommen. Art. 27, Abs. 3: Alle Anbieter von Kommunikationsdiensten müssen dem BÜPF folge leisten: Fetz stellt einen Antrag, diesen Abschnitt zu streichen. Er sei ein «Innovationshemmer», da nur Schweizer Anbieter betroffen seien. Sie nennt als Beispiel Threema. Somarruga wiederholt, was sie bei Artikel 26 sagte: «die Massnahmen treten nur bei vielen Usern oder wirtschaftlicher Bedeutung in Kraft.»Der Antrag von Fetz wird mit 35:2 Stimmen abgelehnt. ...und noch ein schlechtes Resultat Art. 38: Wer muss für die Kosten der Überwachung aufkommen? Hier stellt sich die Frage, ob die FDAs kostendeckend oder teilweise entschädigt werden sollen. Konrad Graber findet, dass es keinen sachlichen Grund für eine Teilweise-Entschädigung gibt. Bundesrätin Sommaruga argumentiert, dass die FDAs einen Teil des Risikos tragen sollen, da das Budget der Kantone ansonsten zu klein ist. Graber zieht daraufhin seinen Antrag zurück. Mit 27:13 Stimmen wird dem Antrag des Bundesrats gefolgt. Als einziger Politiker war zu später Stunde Denis Simonet, ehemaliger Präsident der Piratenpartei und heute deren Pressesprecher, für ein Statement erreichbar. Seine Meinung zur bisherigen BÜPF-Anhörung: «Statt aus der NSA-Affäre zu lernen, ist der Ständerat drauf und dran, unsere rechtsstaatlichen Grundsätze über den Haufen zu werfen. Er verschärft das Überwachungsgesetz, ohne zu wissen, ob die bestehenden und neuen Methoden überhaupt was bringen. Bleibt zu hoffen, dass er wenigstens den Bundestrojaner von unseren Computern weglässt.» Diese werden dann - wie die restlichen Punkte im BÜPF, am 19. März behandelt.