23.06.2017, 14:30 Uhr

Wer braucht noch ein Navi?

Navigationssysteme sind in vielen neuen Autos schon vorhanden und viele Anwender nutzen ohnehin nur noch Apps. Auch im Onlinehandel zeigt sich hierzulande ein deutlicher Rückgang der Verkäufe.
Während sich Autopioniere auf Strassen des letzten Jahrhunderts sogar noch mit Fotokarten oder Richtungsangaben von Einheimischen zurechtfinden mussten, fanden seit den 1990er-Jahren Navigationssysteme immer mehr auch Einzug auf der Strasse. Mangels Innovationskraft der Autohersteller verlagerte sich der Anbietermarkt dann auf einmal stärker auf die portablen GPS-Systeme von TomTom & Co., die man überall hin mitnehmen kann. Heute scheint dieses Verhältnis wieder zu kippen: Es gibt mehr Neuwagen mit vorinstallierten Navigationslösungen und einem mächtigen Kartendienst aus Mountain View. Die alte Papierkarte hat aber auch noch heute nicht ausgedient und gehört auf speziellen Wanderwegen noch immer in den Rucksack. Allgemein bieten Apps wie TripAdvisor natürlich durchaus nützliche Extras wie Tourenvorschläge, Bewertungen anderer Besucher oder Empfehlungen zu den nächstbesten Restaurants.
Obwohl viele Apps nicht immer eine präzise Standortfunktion ermöglichen, können diese aufgrund der zahlreichen Smartphone-Sensoren die Richtung und die Neigung genau registrieren. Google Maps als Paradebeispiel greift zur Darstellung der Verkehrslage neben GPS auch auf die Standortdaten anderer Smartphones zurück. Alleine dadurch, dass der Kartendienst des Suchmaschinenriesen auf über 80 Prozent aller Android-Smartphones installiert ist, verarbeitet der Dienst natürlich eine enorme Datenmenge und kann dadurch sehr präzise funktionieren. Es gibt daher praktisch nichts mehr, was eine App-basierte Lösung nicht kann. Wo liegen da noch die Vorteile von GPS-Geräten? Nächste Seite: Rückläufige Verkaufszahlen in der Schweiz «Der Markt für Auto-Navigationsgeräte ist stark rückläufig», sagt Digitec-Mediensprecher Alex Hämmerli gegenüber Computerworld. Der Onlinehändler hat uns auf Anfrage sogar Einblick gewährt in die Entwicklung der Verkäufe der letzten drei Jahre. Im 2016 habe man im Vergleich zu 2014 gut 20 Prozent weniger solche Geräte verkauft, heisst es bei der Migros-Tochter. Dieses Jahr zeichne sich ein weiterer Umsatzrückgang ab, konstatiert Hämmerli. Interessant allerdings: Besonders gut verkaufen sich angeblich Navis immer noch um die Sommerzeit. Einen klaren Trend bei den noch gekauften Navis liesse sich nicht ausmachen, sagte man uns auf Anfrage, aber es gäbe durchaus Indizien, die noch für Navi-Käufe sprechen. Meist seien die Geräte wegen ihrer grösseren Displays gefragt (6 bis 7 Zoll), zudem schaffe die Spezialisierung hinisichtlich der Kategorisierung nach Outdoor-, LKW- und Autonavigation zusätzliche Kaufanreize.

Wohin des Weges?

Manche bevorzugen natürlich auch ein Navi, damit das Handy für andere Zwecke nutzbar ist und keine zusätzlichen Roaming-Gebühren anfallen. In letzter Zeit wurden die Datenpakete fürs Ausland zwar deutlich günstiger, obwohl wir Schweizer angesichts des Roaming-Wegfalls in Europa immer noch das klare Nachsehen haben. Es gibt aber durchaus auch Nachteile mit App-basierten Lösungen. Das permanent aktive Display und vor allem die Sensoren nagen stark am Akku. Normale Navigationssysteme können ebenfalls über Änderungen wie Baustellen und Umfahrungen Auskunft geben, während Apps manchmal eher mit Push-Nachrichten ablenken. Zudem ist die Navigation mit einem GPS-basierten System je nach Geräteklasse um ein Vielfaches komfortabler. Gerade Outdoor-Navis können modernen Schatzsuchern, sogenannten Geocachern, im Notfall immer noch die ungefähre Richtung weisen. Zudem sind Navigationsgeräte auch vielseitiger geworden und kommunizieren über mehr Schnittstellen mit dem PC. Trotzdem muss sich die klassische Navi-Branche in den kommenden Jahren etwas einfallen lassen, wenn man schon nur an das riesige Live-Datenvolumen von Google denkt.



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